Schreikraniche
gehören zu den Vogelarten, die die richtige Zugroute in ihr Winterquartier
erlernen müssen. Den in Menschenobhut erbrüteten Tieren
wird deshalb per Ultraleichtflugzeug der sichere Weg in die Winterquartiere
gezeigt. Die Russen machen das mit ihren Mandschurenkranichen
übrigens genauso.
Wo kann
man Schreikraniche sehen?
Schreikraniche können Sie nirgendwo in Deutschland und noch
nicht mal in Europa sehen, der Bestand in Menschenobhut (etwa
160 Exemplare) befindet sich vermutlich ausschliesslich in Amerika.
Die alles
entscheidende Rolle spielt das Patuxent WRC (Patuxent Wildlife
Research Center) im US-Staat Maryland, etwas südlich von
Washington DC. Hier leben fast 50% aller in Menschenobhut gehaltenen
Schreikraniche. Diese 74 Tiere bilden 25 Brutpaare.
Der zweitwichtigste Partner im Erhaltungszuchtprogramm ist die
International Crane Foundation (ICF) mit ihrem Hauptsitz
und Zuchtzentrum in Baraboo (Wisconsin) mit 15 Zuchtpaaren bei
insgesamt 34 Schreikranichen.
Das Devonian Wild Conservation Center gehört zum Zoo
von Calgary (Provinz Alberta, Kanada); hier leben 18 Tiere (7
Brutpaare), im Zoo von San Antonio (Texas) gibt es 2 Brutpaare
(insgesamt 7 Tiere) und im Audubon Center for Research on Endangered
Species (Louisiana) leben 9 Schreikraniche, die 2 Brutpaare
bilden.
Nur in diesen
5 Einrichtungen werden Schreikraniche aktuell mit mehr oder weniger
Erfolg nachgezogen. Ausserdem gibt es noch 8 Einrichtungen, in
denen insgesamt 15 Schreikraniche leben, die aber nicht zur Brut
schreiten (obwohl es bis auf den Einzelvogel im Sylvan Heights
Waterfowl Park alles Paare sind).
Da man dort
aber wenigstens Schreikraniche sehen kann, führen
wir diese 8 zoologischen Einrichtungen hier namentlich an: Calgary
Zoo (Kanada), Homosassa Springs Wildlife State Park (Florida),
Lowry Park and Zoo (Tampa, Florida), Jacksonville Zoo (Florida),
Milwaukee County Zoo (Wisconsin), National Zoological Park (Washington
DC), New Orleans Zoo (Louisiana) und Sylvan Heights Waterfowl
Park (Scotland Neck, North Carolina)
(Stand 2012, Quelle: Patuxent WRC)
Ohne die
Nachzuchten in Menschenobhut gäbe es wahrscheinlich keine Schreikraniche
mehr.
Auch bei der
Aufzucht gibt man sich viel Mühe und vermeidet die Fehler, die
unverständlicherweise in deutschen Zoos und Vogelparks immer noch
gemacht werden:
Um eine Fehlprägung der Kranichküken
auf den Menschen zu vermeiden, erfolgen die Pflege und Fütterung
der jungen Kraniche mit Hilfe von Kranich-Attrappen: Die Jungen
bekommen keinen Kontakt zu den Menschen, niemand schmust rum mit
ihnen (denn kleine Kraniche sind ja soooo süss!), niemand bemüht
sich darum, sie zahm zu machen, sondern sie sollen zu Vögeln heranwachsen,
die in der Lage sind, sich selbst zu versorgen, vor Feinden zu
schützen, die selbst in artgerechter Weise ihre Partner suchen
und irgendwann auch wieder selbst in freier Wildbahn brüten.
Trotz des
vorbildlichen und erfolgreichen Managements des kleinen Schreikranich-Bestands
gibt es natürlich jede Menge Probleme: Zusammenstöße mit
Starkstromleitungen und Windrädern sind ein wichtiger Grund für
die Verluste, Abschüsse durch Wilderer ein weiterer. Durchschnittlich
werden jedes Jahr 3 Schreikraniche von Wilderern geschossen!
Die Amerikaner
meinen es allerdings ernst mit dem Schutz ihres "2. Nationalvogels":
Im Frühjahr 2013 wurde ein Wilderer zu einer Strafe bzw. Wiedergutmachung
von 85.000 Dollar verurteilt, weil er einen Schreikranich getötet
hatte. Ein ziemlich hartes Urteil? Nein, bestenfalls ein angemessenes:
Etwa 85.000 Dollar entspricht den Kosten der Aufzucht und Auswilderung
eines Vogels.
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